Dienstag, 9. Juni 2015

Die körperlichen Voraussetzung für klassisches Ballett

Heute will ich mich einmal den körperlichen Voraussetzungen widmen, die das klassische Ballett an uns Tänzer stellt. Vorweg möchte ich sagen, dass dem Ballett als Hobby nichts im Wege steht und dieses an uns Hobbytänzer auch keinerlei körperliche Voraussetzungen stellt. Doch wer im semiprofessionellen oder professionellen Teil des Balletts Fuß fassen und erfolgreich sein möchte, muss der Tatsache ins Auge sehen, dass eben nicht jeder Balletttänzer werden kann, schon allein weil es sein kann, dass wir durch unsere Genetik einfach nicht das richtige Werkzeug mitbringen. Doch was bedeutet das denn genau?

Wenn wir an eine klassische Ballerina denken, dann haben wir ein bestimmtes Bild vor Auge, wie so eine Ballerina auszusehen hat. Neben der Figur, der wir uns am Ende des Artikels zuwenden wollen, gibt es weitere Merkmale einer Ballerina. Doch wie kommen diese Merkmale zustande? Welche Körpereigenschaften zeichnen dieses Bild und unter welchen Voraussetzungen?

Zunächst einmal ist es das Auswärts, das en dehors, welches darüber entscheidet bis zu welchem Grad der Perfektion wir alle Schritte und Positionen im Ballett ausführen können. Das en dehors  wird zum größten Teil durch die Rotationsfähigkeit der Hüfte beeinflusst. Dabei ist es notwendig, dass der Bewegungsradius der Hüfte in alle Richtungen über das Normalmaß hinaus geht. Die Fähigkeit der Auswärtsdrehung der Hüfte ist zum größten Teil angeboren und kann nur bedingt trainiert werden. So ist zum Beispiel die Elastizität  der Bänder, z.B. des Darmbeinschenkelmuskel, entscheident, wie weit das Bein ausgedreht werden kann, da es das Auswärts der Hüfte an der Vorderseite begrenzt. Hier kann zwar mit frühzeitigem und kontinuierlichem Training an der Dehnbarkeit der Bänder gearbeitet werden, jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. Entscheidener noch als die Bänder und Muskelstränge, ist der Antetorisionswinkel (Info hier). Er bestimmt, in welcher Form wir dazu in der Lage sind unsere Hüfte auszudrehen. Ein grober Richtwert ist das Ausdrehen der Hüfte um 60 Grad. Wie viel der Rotationswinkel beträgt kann durch Tests bestimmt werden. Wichtig beim en dehors ist, dass ihr nicht versucht ein mangelndes natürliches en dehors aus der Hüfte, durch ein Ausdrehen aus dem Knie nachzuhelfen. Ein Ausdrehen des Knies von mehr als 20 Grad kann sehr schädlich und ungesund sein. Das Knie wird über lang einen Stabilitätsverlust erleiden (z.B. durch übertriebenes, fokussiertes Training) und die Kreuzbänder und Meniskus werden in Mitleidenschaft gezogen. Hier ist definitiv die Vernunft an der Reihe, keinen falschen Ehrgeiz zu zeigen. Helft ihr über das Knie beim Ausdrehen des Beins übermäßig nach, verliert ihr durch den Stabilitätsverlust die Fähigkeit das Bein vollends zu belasten. Balance oder gar Pirouetten fallen demnach extrem schwer. Schon bei den Grundpositionen könnt ihr Probleme bekommen, diese korrekt auszuführen. Von bleibenden Schäden wollen wir hier gar nicht erst beginnen.

Doch wo wir gerade über Knie sprechen - Auch die Eigenschaften des Knies spielen bei den Voraussetzungen für klassisches Ballett im professionellen Bereich eine Rolle. Ein ästhetischer Aspekt ist der, dass die Bein - Fußlinie eine Sinuskurve bilden soll. Das bedeutet eine Überstreckung des Knies um 10 - 15 Grad. Diese Überstreckung ist angeboren und kann nicht trainiert werden. Eine zu extreme Überstreckung des Knies führt ebenfalls zu Instabilität des Kniegelenks - das sogenannte Hängen im Knie.

Nun kommen wir zum Fuß - und dem Mysterium Fußspann. Der Fuß soll die ästhetische Beinlinie verlängern. Es wird ein hoher Fußrücken verlangt - ein hoher Spann. Dieser soll ja mit der Wade und dem überstreckten Knie eine Sinuskurve beschreiben, mit einer schmalen Fessel im Scheitelpunkt. Doch auch beim Spann muss man unterscheiden zwischen dem natürlichen, angeborenen Spann und dem überstreckten Sprunggelenk (Dabei wird der Fußrücken sehr weit nach außengewölbt), das optisch gesehen den gleichen Effekt hat. Doch nicht nur die optische Komponente spielt beim Ballett eine Rolle. Gerade für den Spitzentanz und das Relevè spielt die Beweglichkeit des Gelenkes und ein hoher Spann eine entscheidene Rolle. Allgemein kann man also sagen, dass ein hoher Spann schon einen Vorteil gegenüber einem flachen Spann bedeutet, da er zusammen mit den Bändern und die kleinen Fußmuskeln dem Fuß mehr Stabilität gibt. 
Ungeeignet zum Spitzentanz ist, obwohl er den optischen Ansprüchen des Balletts entspricht, der sogenannte Hohlfuß. Der Hohlfuß ist durch seine Beschaffenheit dafür prädestiniert, über die Jahre an Unbeweglichkeit und Deformität zuzunehmen. Über kurz oder lang bedeutet die nicht nur Schmerzen, sondern birgt auch die Gefahr den steigenden choreographischen Ansprüchen unserer Zeit nicht mehr standzuhalten. Um Ballerina zu werden benötigt man definitiv einen stabilen und flexiblen Fuß - und das ist beim Hohlfuß nicht gegeben. Ist der Fuß zu beweglich und das in Kombination mit einem schwachen Fußgelenk und einem flachen Spann, lässt er sich schlecht stabilisieren und neigt zum Umknicken. Allgemein gesagt, lässt sich der Fuß in Fragen der Beweglichkeit trainieren und verändern, allerdings stellen sich Erfolge nur ein, wenn das Training frühzeitig beginnt. Das Training zur Beweglichkeit des Fußes ist auch nur in Kombination mit einem Stabilitätstraining zu empfehlen.

Doch nicht nur der Fuß spielt bei den Voraussetzungen für das klassische Ballett eine wichtige Rolle. Ein weiteres Körperteil, welches eine entscheidende Rolle für das klassische Ballett einnimmt ist natürlich der Rücken und die Wirbelsäule. Die Ansprüche, denen hier Genüge getan werden muss, ist genügend Beweglichkeit aufzuweisen, ohne dabei Fehlstellungen wie z.B. das Hohlkreuz zu zeigen. Dafür ist eine ausgewogene Beckenbalance von Nöten, ebenso wie eine stabile Rückenmuskulatur. Gewünscht ist eine gute Beweglichkeit in allen Abschnitten der Wirbelsäule sowie eine normale Krümmung der Lendenwirbelsäule. Eine weitere tragende Rolle spielt die tiefe Bauchmuskulatur. Bauch und Rückenmuskulatur kann durch spezielles Training gefördert werden. Jedoch solltet ihr vorsichtig mit Isolationstraining sein - ein komplettes Oberkörpertraining erfüllt hier eher den Zweck des gesunden Muskelaufbaus.

Um die Sache auf den Punkt zu bringen: Ja, es gibt viele körperliche Voraussetzungen, die das Ballett an den menschlichen Körper stellt, jedoch muss man hier klar zwischen Ballett als Hobby und dem Ballett als Beruf unterscheiden. Ballett als Hobby kann von jedem Menschen, egal mit welchen körperlichen Voraussetzungen betrieben werden. Wir sollten uns immer wieder klar machen, dass auch bei diesem Hobby der Spaß und die Freude an vorderster Stelle stehen sollte.

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